Signalsisierung bei Schmalspurbahnen

Alles über die deutschen Schmalspurbahnen.

Moderator: Stephan Rewitzer

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Robbie
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Signalsisierung bei Schmalspurbahnen

Beitrag von Robbie »

Hallo werte Gemeinde!

Ich habe eine Frage zur Signalisierung bei Schmalspurbahnen: Wer oder welche Regelung legt fest, wo wann und ob Lichtsignale aufgestellt werden?
Was mich zu dieser Frage bewegte ist die Tatsache, dass die Strecken der HSB komplett mit dem Ks-Signalsystem ausgestattet sind, jedoch findet man z.B. auf Rügen mit Ausnahme der Bü-Signalen kein einziges Lichtsignal. Bei der Fichtelbergbahn ist nur die Einfahrt des Bahnhofs "Oberwiesenthal" mit einem Lichtsignal gesichert, sonst findet man aber kein weiteres.

Wer weiß mehr :?:


Grüße
Robbie
Feldbahnfreund
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Beitrag von Feldbahnfreund »

Hallo Robbie

Je nach Grösse und Finanzkraft der Bahn hat man Signale eingebaut oder darauf verzichtet.
Viele Schmalspurbahnen machten so einen Betrieb, wie er auf Rügen war, das heisst man hat pro Bahnhof einen Streckenabschnitt gesichert und mittels Bahnhofstelefon übermittelt und jeder Bahnhofsvorstand war für das Einhalten verantwortlich.
Auf Rügen waren aber auch Formsignale für die Schmalspurbahn im Einsatz und zwar dort, wo verschiedene Strecken zu einem Bahnhof zusammen kamen. Hier war eine Absprache mit den Bahnhofsvorständen nicht mehr mäglich, weil da mehere involviert waren und so hat man da Einfahrtssignale aufgestellt und so den Rangierbetrieb vor einfahrenden Zügen gesichert, aber auch so die Abfahrten koordiniert.
Mit der Einstellung des Güterverkehrs wurden die Stationsvorsteher abberufen und sehr oft der Sicherungsdienst den Fahrzeugführern übertragen, was zu folgenschweren Unfällen führte, Frontalkollisionen mit Toten!
Diese Vorkommnisse haben die Bahnverwaltungen gezwungen, die Strecken mit Lichtsignalen zu sichern.
An Orten, wo viel rangiert wurde, gab es auch Formsignale zur Absicherung wie bei der Molli in Kühlungsborn etc.

Es grüsst
Björn der Feldbahnfreund
Feldbahnen und Bagger im Vorbild und im Modell http://www.modellfeldbahn.ch
1099.009
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Beitrag von 1099.009 »

Es gibt keine "goldene Regel", wann welche Art der Signalisierung zum Einsatz kommt.
Im Allgemeinen wird man bei "normalen" Schmalspurbahnen höchstens Einfahrsignale vorfinden, wie Feldbahnfreund schon geschrieben hat meistens auf größeren Bahnhöfen, auf denen mehrere Strecken zusammenlaufen. Ansonsten werden zumindest Trapeztafeln aufgestellt, wobei es dabei unerheblich ist ob die Strecke im Zugleitbetrieb oder nach der normalen Fahrdienstvorschrift betrieben wird.
Die HSB sind in den letzten Jahren was die Sicherungstechnik angeht stark modernisiert worden, die Bahnen auf Rügen fahren noch mit den alten Signalen.
Grob gesagt ist die Sicherung immer von den gegebenen Umständen (Geschwindigkeit, Betriebsweise, Verkehrsaufkommen, Sichtverhältnissen, etc...) abhängig.
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ZLB
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Beitrag von ZLB »

Feldbahnfreund hat geschrieben:Hallo Robbie

Je nach Grösse und Finanzkraft der Bahn hat man Signale eingebaut oder darauf verzichtet.
Viele Schmalspurbahnen machten so einen Betrieb, wie er auf Rügen war, das heisst man hat pro Bahnhof einen Streckenabschnitt gesichert und mittels Bahnhofstelefon übermittelt und jeder Bahnhofsvorstand war für das Einhalten verantwortlich.
Auf Rügen waren aber auch Formsignale für die Schmalspurbahn im Einsatz und zwar dort, wo verschiedene Strecken zu einem Bahnhof zusammen kamen. Hier war eine Absprache mit den Bahnhofsvorständen nicht mehr mäglich, weil da mehere involviert waren und so hat man da Einfahrtssignale aufgestellt und so den Rangierbetrieb vor einfahrenden Zügen gesichert, aber auch so die Abfahrten koordiniert.
Mit der Einstellung des Güterverkehrs wurden die Stationsvorsteher abberufen und sehr oft der Sicherungsdienst den Fahrzeugführern übertragen, was zu folgenschweren Unfällen führte, Frontalkollisionen mit Toten!
Diese Vorkommnisse haben die Bahnverwaltungen gezwungen, die Strecken mit Lichtsignalen zu sichern.
An Orten, wo viel rangiert wurde, gab es auch Formsignale zur Absicherung wie bei der Molli in Kühlungsborn etc.

Es grüsst
Björn der Feldbahnfreund
Falsch.

Für die Festlegung, ob eine sicherungstechnische Unterstützung für Eisenbahnstrecken erforderlich ist, gibt es spezielle Richtlinien (bspw. bei der DB Netz AG).

Bei Schmalspurbahnen konnte vor allem aus zwei Gründen darauf verzichtet werden : geringer Verkehr und geringe Geschwindigkeiten.

Wie wird nun der Betrieb durchgeführt :
Das Zauberwort heißt Zugleitbetrieb (früher Vereinfachter Nebenbahndienst) und ist in der Richtlinie (Ril) 436 geregelt (die zwar eine DB-Richtlinie ist, aber von vielen NE auch angewendet wird).

Grundsätzliches
Beim Zugleitbetrieb heißt die Strecke Zugleitstrecke, alle Betriebsstellen (Bahnhöfe, Haltepunkte, Haltestellen) sind Zuglaufstellen. Die Regelung der Zug- und Rangierfahrten obliegt einem Zugleiter. Er kann zugleich Fahrdienstleiter einer Zugmeldestelle oder örtlicher Bahnhofsfahrdienstleiter einer Zuglaufstelle sein.

Durchführung
Jeder Zug benötigt eine Fahrerlaubnis durch den Zugleiter, für die eine Fahranfrage gestellt werden muss. Bis zu welcher Zuglaufstelle diese gegeben werden darf, richtet sich der Fahrplan. Bei Abweichungen sind schriftliche Befehle erforderlich (d.h. nur der Zugleiter darf abweichen).
Bei der Ankunft auf der Zuglaufstelle muss der Zugführer den Zugführer eine Ankunftsmeldung geben. Ein nachfolgender Zug darf erst dann die Fahrerlaubnis bis zu einer rückgelegenen Zuglaufstelle erhalten.
Fahranfrage, Fahrerlaubnis und Ankunftsmeldung sind so genannte Zuglaufmeldungen. Weitere sind :
- Verlassensmeldung (heißt, dass ein Zug mit Schlußsignal an der festgelegten Zugschlußstelle vorbeigefahren ist, diese Meldung wird von anderen Mitarbeitern im Bahnbetrieb oder vom Zugführer eines anderen Zuges gegeben)
- Fahrwegsicherungsmeldung (wenn auf unbesetzten Zuglaufstellen ohne Rückfallweichen und Richtungsbetrieb ein zweiter Zug ohne Halt an der Trapeztafel einfahren soll; die Trapeztafel ist sozusagen das Einfahrsignal)
- Abstellmeldung (braucht vorher immer eine Ankunftsmeldung und heißt, dass Fahrzeuge in Nebengleisen abgestellt wurden und keine Fahrzeuge in Hauptgleisen zurückgelassen wurden)

Bei planmäßigen Zugkreuzungen regelt der Buchfahrplan, welcher Zug zuerst einfahren darf. Auch bei Verspätungen darf hiervon - ohne Befehl des Zugleiters - nicht abgewichen werden. Sind keine Rückfallweichen vorhanden, muss der Zugführer des ersten Zuges den Fahrweg für den zweiten einstellen und sichern (Dafür gibt es den Zugführerschlüssel mit dem er die verschlossenen Weichen aufschließen und umstellen kann), ehe dieser mit dem Signal Zp 11 "Kommen" in den Bahnhof hereingerufen wird. Dieser zweite Zug muss auch als erstes wieder ausfahren, um die Grundstellung für die Weichen herzustellen.


Ein kurzes Beispiel zum Zugleitbetrieb :
Wir haben eine Strecke mit den Zugleitstellen (= Bahnhöfen) Astadt, BDorf, Cheim und Dfurt.

Der Fahrplan für Zuglaufstellen regelt nun, dass Zug 4711 von Astadt nach Dfurt mit Zug 4712 von Dfurt nach Astadt im Bahnhof Cheim kreuzen muss. Der Bahnhof Cheim ist nicht mit einem örtlichen Bahnhofsfahrdienstleiter besetzt und nicht mit Rückfallweichen ausgestattet.
Zug 4711 stellt an den Zugleiter, welcher im Bahnhof Astadt sitzt, die Fahranfrage:
Zf 4711 "Darf Zug 4711 bis Cheim fahren?"
Die Fahrerlaubnis lautet nun :
Zl : "Zug 4711 darf bis Cheim fahren"
Diese Meldung wird vom Zugführer wiederholt, der Zugleiter bestätigt dies mit "Richtig".
Das gleiche wiederholt sich mit Zug 4712, nur dass dieser von Dfurt kommt. Anhand seines Buchfahrplans weiß der Zugführer nun folgendes:
- wo er Zuglaufmeldungen abzugeben hat und durch wen
- mit welchen Zügen er wo kreuzt
- welche Züge überholen bzw. überholt werden
- und an welchen Zuglaufstellen Züge an der Trapeztafel halten müssen
Der letzte Punkt ist wichtig, denn dieser gibt ihn dann vor, dass er an der Trapeztafel des Bahnhof Cheim halten muss.

Zurück zum Fahrtverlauf des Zuges 4711.
Dieser hat jetzt den Bahnhof Cheim erreicht. Der Zugführer gibt nun die Ankunftsmeldung an den Zugleiter ab:
Zf 4711: "Zug 4711 in Cheim"
Der Zugleiter wiederholt dies.
Der Zugführer stellt den Fahrweg für Zug 4712 ein und gibt dann mit dem Signal Zp 11 Kommen den Auftrag zum Einfahren. Nach der Einfahrt dieses Zuges muss auch der Zugführer des 4712 eine Ankunftsmeldung an den Zugleiter abgeben.
Nun stellt der Zf 4712 wieder eine Fahranfrage und erhält (wenn alle Bedingungen erfüllt sind) eine Fahrerlaubnis. Nach dem Verlassen des 4712 muss der Zugführer des 4711 die Weichen wieder in die Grundstellung bringen und verschließen. Würde dem 4712 nun ein zweiter Zug folgen sollen, könnte der Zugführer des 4711 nun eine Verlassensmeldung abgeben (Wortlaut: "Zug 4712 hat Cheim verlassen"). Jetzt könnte ein weiterer Zug eine Fahrerlaubnis von Dfurt nach Cheim erhalten (allerdings nur, wenn dies auch im Fahrplan so vorgegeben ist).
Zug 4712 stellt nun eine Fahranfrage und erhält eine Fahrerlaubnis für den Abschnitt bis Dfurt. Dort angekommen, muss er wieder eine Ankunftsmeldung geben.

Der Zugleiter führt anhand der Zuglaufmeldungen ein Zugmeldebuch, ansonsten wäre es auch sehr schwierig, die Übersicht zu behalten.

Einfahrsignale, die es auf einigen Schmalspurbahnen ja auch gab/gibt, wurden vor allem bei größeren Bahnhöfen mit viel Rangierarbeit eingesetzt, aber nur dann, wenn diese auch mit einem örtlichen Bahnhofsfahrdienstleiter besetzt waren.


Das war jetzt nur der Regelbetrieb ohne Rangieren und Abweichungen vom Fahrplan. Mit dem anderen Sachen muss ich erstmal wieder näher beschäftigen, denn Zugleitbetrieb ist auf der großen Eisenbahn (gottseidank) immer weiter auf dem Rückzug.

Die zweite Variante, die etwas sicherer ist, ist der so genannte Signalisierte Zugleitbetrieb (SZB), der nach der Ril 437 durchgeführt wird. Es gibt hierbei verschiedene Varianten. Bei neueren Anlagen handelt es sich durchaus um vollwertige elektronische Stellwerke (ESTW), die jedoch auf eine sichere Anzeige (zwischen der Unterzentrale und dem Bildschirm des Zugleiters) verzichten und deshalb Zuglaufmeldungen weiterhin erforderlich machen.

Bei den Harzer Schmalspurbahnen ist - glaube ich - eine andere Variante eingebaut wurden. Aufgrund eines schweren Unfalls im Jahr 1994, als ein Triebfahrzeugführer eine Kreuzung missachtete, und der starken Zunahme des Brockenverkehrs war der klassische Zugleitbetrieb nicht mehr ausreichend. Deshalb wurde schrittweise ein SZB eingeführt, bei dem die einzelnen Abschnitte der freien Strecke mit einer Streckengleisfreimeldeanlage ausgerüstet wurden und sämtliche Zuglaufstellen auch Ein- und Ausfahrsignale erhielten. Diese stellen anhand der Gleisfreimeldung den Gegenfahr- und Folgefahrschutz sicher. Zuglaufmeldungen sind aber weiterhin erforderlich.

MfG


Edit: Die Ril 436 und 437 sind auch auf der DB-Homepage als Download hinterlegt.
http://www.db.de/site/bahn/de/geschaeft ... ungen.html
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