Ein paar unsortierte Randnotizen zur Einstellung der Ybbstalbahn:
„Die Karten liegen nach einer umfassenden Mobilitätsstudie auf dem Tisch: Ein Netz von Autobuslinien könnte künftig den Nahverkehr im Ybbstal besser sicherstellen als die Ybbstalbahn – schneller, bequemer, frequenter, als dies die schienengebundene Bahn je abdecken kann. In einer von DI Christian Rittler (Technisches Büro für Verkehrswirtschaft) im Auftrag des Landes Niederösterreich durchgeführten Mobilitätsstudie treten die Schwächen der Ybbstalbahn zutage.“ („NÖN“) Also her mit den Super-Bussen! Ich fürcht’ nur, dass die Formulierung „... schneller, bequemer, frequenter, als dies die schienengebundene Bahn je abdecken kann ...“ in absehbarer Zeit in „... schneller, bequemer, frequenter, als dies der busgebundene Verkehr je abdecken kann ...“ abgeändert werden wird – zugunsten des nÖPNV (nicht öffentlicher Personennahverkehr, vulgo Pkw).
Anm.: Das „Büro“ des Studienautors, DI Rittler (exakt: „Technisches Büro für Verkehrswesen und Verkehrswirtschaft“), hat offenbar keine eigene Website. Dennoch braucht man sich wohl keine Sorgen zu machen, dass diesem Mann in Ermangelung eines Web-Auftritts die Aufträge ausbleiben – finden sich doch im WWW mehrere Dokumente, über die man mit Rittler in Kontakt treten kann: Klickt man bei manchen Fundstellen auf „Kontakt: Christian Rittler“, schickt man eine Mail an
noevog@noet.at ... Alles klar? Aber warum sollte man darob überrascht sein – es hat ja auch niemand behauptet, dass da wo wirklich unabhängiges Expertentum gefragt ist ... Ganz nebenbei: DI Rittler erstellt u. a. für NÖ-Gemeinden Projektstudien zu Anrufsammeltaxis (die ja auch diesfalls – siehe „NÖN“ – von GR Hanger angedacht sind). Wär’ ich Verkehrsplaner, ich wüsst’ schon, wie’s (mir auftragsmäßig gut) geht: Studie 1: Bahn weg! Studie 2: Bus her! Studie 3: Bus wg. Erfolglosigkeit weg und Anrufsammeltaxis etc. her!
Übrigens: Einer der im Zusammenhang mit Bahneinstellung/Buslinien/Radwegenetz von der niederösterreichischen Landeskorrespondenz (sprich: „NÖN“) immer wieder Zitierten (fast durchwegs ÖVP-Bürgermeister oder ÖVP-Gemeinderäte) ist der lt. „NÖN“ in einem fort „erboste“ Mag. Andreas Hanger, seines Zeichens Ybbsitzer Gemeinderat („
Danach eröffnete Mag. Andreas Hanger, Kulturausschussobmann von Ybbsitz, die Krippenausstellung“, zit. n. ybbsitz.at) und Verkaufsleiter der Mosser Holzindustrie in Randegg. Herbert Hanger, wohl dessen älterer Bruder und ebenfalls Gemeinderat in Ybbsitz, betreibt vor Ort das gleichnamige Sägewerk.
Verschwörungstheoretiker, der ich bin, frag’ ich schüchtern: Von wem kauft eigentlich die Firma Bene ihr Holz, die ja im Zusammenhang mit der Einstellung der YB immer wieder genannt wird? Z. B. hier: „
Diese [Anm.: die zwischen Land und ÖBB vereinbarten Standardanpassungen von rund 31 Millionen Euro] setzen sich aus Nachholinvestitionen (...), drei bis fünf Millionen Euro für die Umfahrung der Firma Bene in Gstadt (...) zusammen“ („NÖN“). Falls ich das richtig verstehe: Die lokalen (schwarzen) Politiker/Wirtschaftstreibenden entrüsten sich über die (Un-)Summen an Landes- bzw. Bundesmitteln, die in die YB zu stecken gewesen wären – u. a. um dem Thomas Bene um „drei bis fünf Millionen Euro“ in Gstadt eine Umfahrung zu bauen? Die Bahn, die dem armen Thomas Bene im Weg ist, hat diesem gefälligst eine Umfahrung zu bauen; und die damit verbundenen Kosten nehmen wir dann erst recht als Argument für „Weg mit dem Dreck“!?
Schluss mit Defätismus und Mieselsucht! Nicht verzagen, Erwin-Onkel fragen – und alles wird gut: „
Liebe Freunde der Ybbstalbahn! Die Ybbstalbahn von Waidhofen/Ybbs nach Lunz am See und Ybbsitz spielt für die Region eine bedeutende touristische Rolle. (...) Auf Initiative der NÖVOG und mit großem Engagement der Gemeinden wurde erstmals 2006 ein umfassendes Ausflugsprogramm erarbeitet und seitdem fortlaufend weiterentwickelt und verbessert. (...) Am besten lässt sich das Ybbstal dabei natürlich mit der Schmalspurbahn erkunden. (...) Dr. Erwin Pröll.“ (aus: Folder „Erlebnis Ybbstalbahn“, 2008) Anm.: „... wurde erstmals 2006 ein umfassendes Ausflugsprogramm erarbeitet ...“!? Mehr als ein Jahrhundert nach der Eröffnung der Bahn?! Das Projekt war wohl nicht gerade mit umwerfend viel Erfolg gesegnet – wie sonst würde man zwei Jahre später auf die „bedeutende touristische Rolle“ der YB verzichten können (wobei ich natürlich hier nicht die unrühmliche Rolle der ÖBB herunterspielen möchte – davon natürlich ausgenommen das Engagement, das Improvisationstalent und die Eselsgeduld der „kleinen“ Eisenbahner vor Ort, ohne die der Bahnbetrieb schon längst zusammengebrochen wäre. Aber dass sich nun Landes- und Lokalpolitik hinter den „Versäumnissen“ der ÖBB verstecken, ist halt nur die halbe, nämlich die Pröll-NÖVOG-Wahrheit).
„Der Vertrag für die NÖ Schmalspurbahnen garantiert weiterhin einen attraktiven Schienenverkehr. Wir in Niederösterreich haben heute grünes Licht für die langfristige Sicherung dieser wichtigen Schienenverbindungen gegeben. Damit haben wir wichtige Weichen für Pendler, Schüler sowie die regionale Wirtschaft und den Tourismus gestellt.“ (Erwin Pröll nach der Unterzeichnung des „Vertrags von Gösing“ zw. BMVIT u. Land NÖ am 19. 12. 2003; Quelle: NÖVOG).
Inhalte des Infrastrukturvertrags (Auszug „Vertrag von Gösing“):
„Das Land NÖ kann im Bedarfsfall Schieneninfrastruktur von den ÖBB erwerben.“ (Quelle: NÖVOG)
Was von den Kreativitätsexplosionen betreffend die touristische Belebung der Ybbstalbahn bleibt:
„Ein Mostviertler SEPP – steht für Service und Erlebnis mit Profil & Persönlichkeit – wird mit jeder Menge spannender Geschichten die Fahrt durch das frühwinterliche Ybbstal verkürzen.“ (Quelle: NÖVOG)
@ GerhardT:
Als ob es ein Politiker denn überhaupt notwendig hätte, irgendjemanden irgendwas was zu erklären.
Hat er natürlich nicht – aber manche versuchen’s immerhin, etwa der oben genannte dauer„erboste“ Ybbsitzer ÖVP-GR Andreas Hanger:
„Daher ist bei den Kosten ein Autobusnetz der Bahn klar überlegen: So verkürzen sich die Fahrzeiten generell, weil Busse die Pass-Straße ,Kripp‘ zwischen Opponitz und St. Georgen/Reith nützen können und die lange Hollensteiner Schleife abschneiden. Buskonzept plus Anrufsammeltaxi kämen mit drei Millionen Euro pro Jahr günstiger, ein Radweg Gstadt – Göstling würde mit 3,5 Millionen Euro realisiert.“ (lt. „NÖN“). Ich fasse zusammen: Der Bus fährt über die „Kripp“, lässt also Hollenstein links liegen; die brauchen dort wohl keine Busanbindung, entweder weil die anderen Ybbstalgemeinden in Wirklichkeit ebenso wenig eine Busanbindung brauchen oder (noch wirklichkeitsnäher) sämtlicher Verkehr (auch der motorisierte Individualverkehr) von Opponitz nach St. Georgen über die Kripp geführt wird und damit die Hollensteiner Schleife autofrei wird (und somit die einstige B31 den Radfahrern und Sänftenträgern vorbehalten bleibt). Man spart sich so gut zwei Dutzend Kilometer Radwegbau. Übrigens, Herr Mag. Hanger, es geht noch kürzer: Die kürzeste Verbindung von A nach B ist immer noch die Gerade. Darum ist ja auch ein Hirn etwas unglaublich ineffizientes: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann“ (Francis Picabia) – und so was hält ja bekanntlich nur auf.
@ GerhardT:
Angesichts des verlogenen Trauerspiels kann man nur das Kotzen kriegen. Sollen sie doch mit der Ybbstalbahn endlich das machen, was sie schon immer wollten. Aber sie sollen dabei wenigstens dieses scheinheilige Gesülze unterlassen.
Dieses „scheinheilige Gesülze“ würde in der Privatwirtschaft – die, wenn’s in Sachen Bahn um Wirtschaftlichkeit/Rentabilität geht, ja so gern als Maßstab herangezogen wird – möglicherweise den einen oder anderen Straftatbestand erfüllen – nämlich dann, wenn man sehenden/wissenden Auges über Jahre/Jahrzehnte große Summen an anvertrautem fremdem (Steuer-)Geld in Betriebe steckt, von deren ökonomischer/volkswirtschaftlicher, touristischer, ideeller und/oder verkehrstechnischer Sinnhaftigkeit und Lebensfähigkeit man nie oder schon lange nicht mehr überzeugt war bzw. ist ...
Gruß, k.
PS: Vielleicht sollte man eine Gedenktafel in Auftrag geben, auf der ein paar Namen (so wie einst jene von Erbauern, Gründern, Stiftern, Mäzenen ...) jener Personen vermerkt sind, die über die Jahre/Jahrzehnte die Ybbstalbahn ins – nun finale – Elend gefahren haben ...