Hallo,
Seit einigen Jahren besitze ich eine Wendezug-Garnitur mit den modernen Liliput-Wagen. Diese sind bekanntlich ja mit einer Kupplungskinematik ausgerüstet und können mittels einer Kupplungsaufnahme nach NEM 355 (Kupplungsaufnahme in Baugröße N ) mit verschiedenen Kupplungsarten umgerüstet werden. Werkseitig sind folgende Kupplungsarten vorgesehen: 1) Dapol-Klauenkupplung, 2) "Bemo-kompatible" Bügelkupplung, 3) starrer Kupplungsbalken.
Alle drei Möglichkeiten habe ich über eine längere Zeit im Betrieb ausprobiert. Keine hat zufriedenstellend funktioniert:
Die Klauen- und die Bügelkupplungen drückten sich im Schiebebetrieb bei Kurvenfahrt wegen der Kinematik nach außen und veränderten dabei ruckartig den Abstand zwischen den Wagen so, dass sich im Wendezug-Schiebebetrieb bei Kurvenfahrt die Wagenkästen teilweise berührten.
Der Kupplungsbalken bog sich auf Grund seiner zu weichen Struktur in Verbindung mit der ebenfalls sehr nachgiebigen vertikalen Führung der Kinematik stark nach unten durch und ließ sich daher nur äußerst schwierig in die Kupplungsaufnahme einklipsen.
Bei allen drei Varianten führte die sehr frei bewegliche Aufhängung der Drehgestelle in Verbindung mit den kleinen Rädern bei Gleisunebenheiten oder kleinsten seitlichen Gleisverschiebungen (z.B. an Segmentübergängen) zu häufigen Entgleisungen.
Um all diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, habe ich die gesamte Kupplungsaufnahme umgebaut. Die Kupplungskinematik wurde entfernt. Die (MTL-)Kupplungen wurden mittels Deichseln aus Kunststoffstreifen direkt an den Drehgestellen angebracht (siehe Bilder).
Dabei wurden sowohl die Deichseln an den Drehgestellen als auch die Kupplungen an den Deichseln mitttels Stabilit Express angeklebt.
Somit werden die Drehgestelle jeweils durch das benachbarte Drehgestell über die Deichseln und Kupplungen im Gleis mitgeführt und und stabilisieren sich dabei gegenseitig.
Seither läuft die Garnitur im Zug- wie im Schiebebetrieb sehr sicher und ruhig. Es gibt auch an kritischen Gleisstellen so gut wie keine Entgleisungen mehr. Die Kurvenfahrt im Schiebebetrieb erfolgt ohne Ruckeln. Außer einer minimalen, durch die Kupplungsbauart bedingten Längsbewegung beim Fahrtrichtungswechsel ergeben sich keine Längsverschiebungen mehr.
Dieser Umbau funktioniert auch mit Bügelkupplungen, da bei diesen, wie bei den Klauenkupplungen, eine nicht starre Verbindung zwischen den Kupplungsköpfen besteht.
Diese Umbaubeschreibung bezieht sich naturgemäß auf die von uns verwendete MTL-Kupplung. Bei anderen Kupplungsarten muss die Deichsel natürlich ggf. an diese angepasst werden. Dabei bestimmen sich die Länge und Breite der Deichsel nach dem erforderlichen Abstand der Wagen voneinander (was wiederum von der Gleisgeometrie der Anlage abhängt) und nach der Bauweise der verwendeten Kupplung.
(Die Kupplungsdeichsel wird natürlich noch schwarz eingefärbt.)
Ich hoffe das ist eine kleine Anregung für alle Liliput-Wendezug-Fahrer, die im Betrieb ebenfalls mit den beschriebenen Problemen zu tun haben.
Für weitere Fragen: einfach melden.
Grüße aus dem Bergischen Land
Georg
Liliput Wendezug: Verbesserung der Laufeigenschaften durch Änderung der Kupplungsbefestigung
Moderator: Stephan Rewitzer
-
- Beiträge: 101
- Registriert: 1. April 2014, 15:15
Liliput Wendezug: Verbesserung der Laufeigenschaften durch Änderung der Kupplungsbefestigung
Zuletzt geändert von ngfreak09 am 23. Juli 2023, 02:01, insgesamt 6-mal geändert.
-
- Beiträge: 255
- Registriert: 5. Mai 2006, 19:36
- Wohnort: Steinau (Hessen)
Re: Liliput Wendezug: Verbesserung der Laufeigenschaften durch Änderung der Kupplungsbefestigung
Hallo Georg,
da mich der Umbau der Kupplungsaufnahme an mehreren Güterwagen beschäftigt, ist mir Dein Beitrag zu den Triebwagen wieder eingefallen. Ich erlaube mir eine Frage zu der Themaik zu platzieren.
Bei zweiachsigen Wagen kann die Kupplung logischerweise nicht fest am Drehgestell befestigt werden und benötigt eine Rückstellung mittels Federdraht. Solange der mögliche Ausschwenkwinkel groß genug ist, passt sich die Position der Kupplung an den benachbarten Wagen an. Bei den Vierachsern habe ich die Kupplungen bisher immer starr am Drehgestell verbaut. So geben es die Drehgestelle von Roco, Halling, Liliput usw. auch vor. Bei bestimmten Waggontypen sind diese Kupplungsaufnahmen aber zu lang (z.B. bei dem Ga/s, den ich gerade baue) oder zu kurz und ich muss die Länge der Kupplungsaufnahme anpassen. Alternativ könnte man die Kupplung aber auch (ohne Kulisse) unabhängig vom Drehgestell führen. Es gibt dazu ein Produkt bei tramfabriek, dass sich centre point couplings nennt:
https://www.tramfabriek.nl/couplings.html
Brächte das Deiner Meinung nach Vorteile? Ist die starre Befestigung am Drehgestell auch dann unproblematisch, wenn die Wagen verschiedene Überhänge und Radstände haben? Sich also im Gegensatz zu Deinem Triebwagen asymmetrische Konstellationen ergeben?
Viele Grüße
Andreas
da mich der Umbau der Kupplungsaufnahme an mehreren Güterwagen beschäftigt, ist mir Dein Beitrag zu den Triebwagen wieder eingefallen. Ich erlaube mir eine Frage zu der Themaik zu platzieren.
Bei zweiachsigen Wagen kann die Kupplung logischerweise nicht fest am Drehgestell befestigt werden und benötigt eine Rückstellung mittels Federdraht. Solange der mögliche Ausschwenkwinkel groß genug ist, passt sich die Position der Kupplung an den benachbarten Wagen an. Bei den Vierachsern habe ich die Kupplungen bisher immer starr am Drehgestell verbaut. So geben es die Drehgestelle von Roco, Halling, Liliput usw. auch vor. Bei bestimmten Waggontypen sind diese Kupplungsaufnahmen aber zu lang (z.B. bei dem Ga/s, den ich gerade baue) oder zu kurz und ich muss die Länge der Kupplungsaufnahme anpassen. Alternativ könnte man die Kupplung aber auch (ohne Kulisse) unabhängig vom Drehgestell führen. Es gibt dazu ein Produkt bei tramfabriek, dass sich centre point couplings nennt:
https://www.tramfabriek.nl/couplings.html
Brächte das Deiner Meinung nach Vorteile? Ist die starre Befestigung am Drehgestell auch dann unproblematisch, wenn die Wagen verschiedene Überhänge und Radstände haben? Sich also im Gegensatz zu Deinem Triebwagen asymmetrische Konstellationen ergeben?
Viele Grüße
Andreas
-
- Beiträge: 101
- Registriert: 1. April 2014, 15:15
Re: Liliput Wendezug: Verbesserung der Laufeigenschaften durch Änderung der Kupplungsbefestigung
Hallo Andreas,
ich muss zu Erklärung voranstellen, dass sich die hier geschilderten Umbauten und Erfahrungen grundsätzlich auf die bei der SBEG verwendete MTL N-Klauenkupplung beziehen. Da aber sowohl bei der die MTL-Kupplung als bei der Hakenkupplung die Kupplungsköpfe nicht starr mit einander verbunden sind, können unsere Erfahrungen mit Kupplungsdeichseln bis auf wenige Details auch für die Hakenkupplung gelten.
Prinzipiell verwenden wir Kupplungsdeichseln jedoch nur bei Drehgestellfahrzeugen.
Bei starren Fahrwerken (2- und 3-Achern) kann und muss die MTL- Kupplung direkt am Fahrwerk angebracht werden, da der Kupplungskopf funktionsbedingt immer gegenüber dem Fahrwerk federnd beweglich ist.
Was speziell deine Fragen zur Länge der an den Drehgestellen angebrachten Deichseln angeht, so gibt es an unseren Drehgestellfahrzeugen die unterschiedlichsten Deichsellängen, da dies abhängig vom Abstand des Drehgestell-Drehpunkts vom Fahrzeugende und von der Drehgestellkonstruktion ist. So gehören die hier in den Bildern gezeigten Deichseln zu den längeren Exemplaren. Auch verschieden lange Deichsel an den jeweiligen Stirnseiten ein und desselben Fahrzeugs funktionieren einwandfrei. Dies ist z.B. bei unseren Selbstentladewagen auf Basis der ehemaligen Berliner TT-Bahnen der Fall, bei denen die Deichseln auf der Seite mit der Bremserbühne deutlich länger sind als auf der anderen Seite.
Es gibt gibt allerdings bei uns eine durch die MTL-Kupplung bedingte Einschränkung beim Ankuppeln in Kurven: da bei der MTL-Kupplung die Kupplungsköpfe beim Ankuppeln relativ genau mittig aufeinander treffen müssen, kann bei der Kombination von längerer Deichsel und Drehgestellen, mit einem konstruktionsbedingt größerem horizontalen Querspiel (wie z.B. bei den Liliput Rollwagen mit innengelagerten Achsen), die Auslenkung der Kupplungsköpfe aus der Gleismitte zu groß werden und die Kupplungsköpfe sich verfehlen.
Bei der Hakenkupplung besteht diese Gefahr nicht in dem Maße, da der Kupplungskopf der Hakenkupplung wesentlich breiter ist und damit eine größere Auslenkung als bei der MTL-Klaue zulässt.
Von der Führung der Kupplung unabhängig vom Drehgestell rate ich ab, da hierbei leicht der gleiche Effekt entstehen kann, wie bei den kulissengeführten nicht starren Kupplungen: im Schiebebetrieb können sich die Kupplungen durch die frei beweglichen Deichseln seitlich verschieben und schlimmstenfalls ineinander verhaken.
Bei der drehgestellgeführten Kupplungsdeichsel besteht diese Gefahr nicht.
So, ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Ausführungen helfen. Wenn du noch weitere Fragen hast: nur zu!
Grüße aus dem BergischenLand
Georg
ich muss zu Erklärung voranstellen, dass sich die hier geschilderten Umbauten und Erfahrungen grundsätzlich auf die bei der SBEG verwendete MTL N-Klauenkupplung beziehen. Da aber sowohl bei der die MTL-Kupplung als bei der Hakenkupplung die Kupplungsköpfe nicht starr mit einander verbunden sind, können unsere Erfahrungen mit Kupplungsdeichseln bis auf wenige Details auch für die Hakenkupplung gelten.
Prinzipiell verwenden wir Kupplungsdeichseln jedoch nur bei Drehgestellfahrzeugen.
Bei starren Fahrwerken (2- und 3-Achern) kann und muss die MTL- Kupplung direkt am Fahrwerk angebracht werden, da der Kupplungskopf funktionsbedingt immer gegenüber dem Fahrwerk federnd beweglich ist.
Was speziell deine Fragen zur Länge der an den Drehgestellen angebrachten Deichseln angeht, so gibt es an unseren Drehgestellfahrzeugen die unterschiedlichsten Deichsellängen, da dies abhängig vom Abstand des Drehgestell-Drehpunkts vom Fahrzeugende und von der Drehgestellkonstruktion ist. So gehören die hier in den Bildern gezeigten Deichseln zu den längeren Exemplaren. Auch verschieden lange Deichsel an den jeweiligen Stirnseiten ein und desselben Fahrzeugs funktionieren einwandfrei. Dies ist z.B. bei unseren Selbstentladewagen auf Basis der ehemaligen Berliner TT-Bahnen der Fall, bei denen die Deichseln auf der Seite mit der Bremserbühne deutlich länger sind als auf der anderen Seite.
Es gibt gibt allerdings bei uns eine durch die MTL-Kupplung bedingte Einschränkung beim Ankuppeln in Kurven: da bei der MTL-Kupplung die Kupplungsköpfe beim Ankuppeln relativ genau mittig aufeinander treffen müssen, kann bei der Kombination von längerer Deichsel und Drehgestellen, mit einem konstruktionsbedingt größerem horizontalen Querspiel (wie z.B. bei den Liliput Rollwagen mit innengelagerten Achsen), die Auslenkung der Kupplungsköpfe aus der Gleismitte zu groß werden und die Kupplungsköpfe sich verfehlen.
Bei der Hakenkupplung besteht diese Gefahr nicht in dem Maße, da der Kupplungskopf der Hakenkupplung wesentlich breiter ist und damit eine größere Auslenkung als bei der MTL-Klaue zulässt.
Von der Führung der Kupplung unabhängig vom Drehgestell rate ich ab, da hierbei leicht der gleiche Effekt entstehen kann, wie bei den kulissengeführten nicht starren Kupplungen: im Schiebebetrieb können sich die Kupplungen durch die frei beweglichen Deichseln seitlich verschieben und schlimmstenfalls ineinander verhaken.
Bei der drehgestellgeführten Kupplungsdeichsel besteht diese Gefahr nicht.
So, ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Ausführungen helfen. Wenn du noch weitere Fragen hast: nur zu!
Grüße aus dem BergischenLand
Georg
Zuletzt geändert von ngfreak09 am 23. Juli 2023, 02:08, insgesamt 1-mal geändert.
-
- Beiträge: 255
- Registriert: 5. Mai 2006, 19:36
- Wohnort: Steinau (Hessen)
Re: Liliput Wendezug: Verbesserung der Laufeigenschaften durch Änderung der Kupplungsbefestigung
Danke für die ausführliche Berichterstattung!
Mit den Güterwagen auf Gleiswechseln im Schiebebetrieb habe ich nämlich genau das von Dir beschriebene Problem. Je länger der geschobene Zug, desto schlimmer. Folglich werde ich bei der Befestigung am Drehgestell bleiben. Vermutlich habe ich mit den Bügelkupplungen keine Probleme - selbst bei unterschiedlich langen Deichseln mit entsprechend verschiedenen Positionen der Kupplung zur Gleismitte bei Bogenfahrt. Die Kupplungsköpfe können sich seitlich zueinander verschieben. Das ist in gewissem Umfang sogar ohne Bügel mit den "Kuppeleisen" der Fall.
Wenn es durch die Konstruktion wirklich zu Problemen kommen sollte, gebe ich Rückmeldung (Regress werde ich aber nicht fordern ).
Grüße aus dem Odenwald
Andreas
Mit den Güterwagen auf Gleiswechseln im Schiebebetrieb habe ich nämlich genau das von Dir beschriebene Problem. Je länger der geschobene Zug, desto schlimmer. Folglich werde ich bei der Befestigung am Drehgestell bleiben. Vermutlich habe ich mit den Bügelkupplungen keine Probleme - selbst bei unterschiedlich langen Deichseln mit entsprechend verschiedenen Positionen der Kupplung zur Gleismitte bei Bogenfahrt. Die Kupplungsköpfe können sich seitlich zueinander verschieben. Das ist in gewissem Umfang sogar ohne Bügel mit den "Kuppeleisen" der Fall.
Wenn es durch die Konstruktion wirklich zu Problemen kommen sollte, gebe ich Rückmeldung (Regress werde ich aber nicht fordern ).
Haltet Ihr einen bestimmten Mindestradius Ihr ein, damit die Befestigung am Rahmen keine Probleme macht? Klappt das auch auf engen Weichen, wie z.B. der Schmalspurweiche von Roco?Prinzipiell verwenden wir Kupplungsdeichseln jedoch nur bei Drehgestellfahrzeugen.
Bei starren Fahrwerken (2- und 3-Achern) kann und muss die MTL- Kupplung direkt am Fahrwerk angebracht werden, da der Kupplungskopf funktionsbedingt immer gegenüber dem Fahrwerk federnd beweglich ist.
Grüße aus dem Odenwald
Andreas
-
- Beiträge: 101
- Registriert: 1. April 2014, 15:15
Re: Liliput Wendezug: Verbesserung der Laufeigenschaften durch Änderung der Kupplungsbefestigung
Ja.
Da wir schon seit mehr als 30 Jahren Anlagen und Module in H0e bauen, sind bei uns noch die meisten Weichen von Roco. Dabei sind auch zahlreiche Gleiswechsel mit zwei unmittelbar aufeinander folgenden Weichen. Dabei gab es auch im Schiebebetrieb keine Probleme. Die MTL Kupplungsköpfe haben gegenüber dem Fahrzeugrahmen genügend Spiel.
L.G. aus dem Bergischen
Georg
Da wir schon seit mehr als 30 Jahren Anlagen und Module in H0e bauen, sind bei uns noch die meisten Weichen von Roco. Dabei sind auch zahlreiche Gleiswechsel mit zwei unmittelbar aufeinander folgenden Weichen. Dabei gab es auch im Schiebebetrieb keine Probleme. Die MTL Kupplungsköpfe haben gegenüber dem Fahrzeugrahmen genügend Spiel.
L.G. aus dem Bergischen
Georg