Nun denn, hier nun der etwas gekürzte Originaltext nebst Bildern in deutsch. Bitte nicht wundern, aber die Ausführlichkeit war für das kroatische Forum gedacht. Dort sind einige Techniken noch nicht so geläufig wie bei den meisten Leuten hier ...
Wie alles begann ...
Im Juli 2004 besuchte ich Bosnien & Herzegovina zum ersten Mal. Bei diesem Aufenthalt hatte ich die Gelegenheit, die Wiedereröffnung der alten Brücke von Mostar zu sehen. Auf dem Weg zur Feier fuhren wir mit dem Auto durch das Tal der Neretva. Ich war fasziniert von der Landschaft und natürlich, als Eisenbahn-Fan, vom Verlauf der Eisenbahnstrecke auf der anderen Seite des Flusses.
Es vergingen aber noch 2 Jahre, bis ich das Buch von Keith Chester "the narrow gauge railway of Bosnia-Hercegovina" kaufte. Die Bilder der sich in einer wilden Landschaft schlängelnder Flüsse, von steilen Felsen und der dazwischen verlaufenden Eisenbahn waren so faszinierend, dass ich im Jahr 2008 mit der Bahn die Strecken Sarajevo-Mostar befuhr. Ich hatte auch die Möglichektit, eine Fahrt auch der wiederaufgebauten Strecke der Sargan Osmica zu machen.
Obwohl ich bereits eine Modellbahnanlage habe, wurde ich in meinem Entschluss bestärkt, auch eine Jugoslavische Anlage zu bauen. Modellbahnthemen dieser Art sind ja nicht gerade gewöhnlich.
Zeit und Anlagen-Thema
Die Schmalspurbahnen fuhren bis in den Anfang der 70er Jahre. Obwohl es heute wieder erfreuliche Aktivitäten im Rahmen eines Museumbetriebs in Sargan und Banovici gibt, ist der beste Zeitabschnitt für eine reale Darstellung des Themas die Zeit zw. 1960 und 1970.
Ziel ist es, typische Elemente und Landschaftsteile mit Hilfe von Dioramen darzustellen. Diese Dioramen sollen zu einer Schauanlage verbunden werden können. Die Grösse der Dioramen muss so gewählt sein, dass diese transportabel sind. Das setzt natürlich komplexen Szenarien gewisse Grenzen, aber abschnittsweise läßt sich trotzdem glaubhaft die gewünschte Atmosphäre vermitteln.
Die Themen sind bzw. werden zunächst sein:
(1) Die Strecke im Tal der Neretva, welche sich heute unter der Wasseroberfläche des Stausees befindet. (fertig)
(2) passend zur ersten Szenerie, der Tunnel von Glogosnica, er schließt sich an der linken Seite des ersten Dioramas an. (fertig)
(3) ebenfalls passend zur ersten Szenerie, die Überquerung der Neretva mit einer Stahlbrücke.
(4) Tal der Drina mit Kurztunnel und C-förmigen Felsausschnitten.
(5) Eine kleiner 2-3 spuriger Bahnhof eines Dorfes ohne direktes Vorbild. Gebäude sollen dabei entsprechend dem lokalen Stil erstellt werden. (Endstadium Planung)
(x) Zusätzliche Elemente um einen Zugbetrieb zu ermöglichen oder aber die Dioramen in anderer Reihenfolge anordnen zu können.
Quellen und verwendete Elemente
Die Anzahl der Fotografien aus der Zeit ist beschränkt, wie wir alle wissen. Photographieren und Filmen war so eine Sache .. 'zabranjeno fotografiranje' ... aber immerhin gibt es die Abschnitte der Eisenbahn, die trotzdem photografiert wurden. Sie sind heute in Büchern und im Internet zu sehen. Dies ist meine Grundlage. 1970 war ich übrigens 6 Jahre alt. Es gibt in der Zeit auch keinerlei persönliche Erinnerungen an die Zeit, von Jugoslavien wußte ich damals so gut wie gar nichts. Tatsächlich war ich erst 2004 zum ersten mal überhaupt "jenseits" der Alpen.
Die wichtigsten Eisenbahntechnischen Details, wie Lichtraum-Profil oder Radien, erfährt man ebenfalls aus dem Buch von Keith Chester.
Ich lege viel Wert auf eine stimmige Landschaftsgestaltung, leider sind die notwendigen Materialen nicht gerade preiswert. Allerdings rechtfertigt der visuelle Eindruck die Kosten ... und das Kostbarste ist die Arbeitszeit, welche man in die Anlage steckt.
Während ich den Selbstbau von Gebäuden nicht scheue, kann ich bei Lokomotiven und Waggons leider noch nicht mithalten. Ob ich mir das irgendwann mal zutraue, kann ich noch nicht sagen. Strassenfahrzeuge aus der Zeit gibt es zum Glück einige, allerdings die wichtigsten fehlen auch. Vielleicht findet sich auch in Zukunft ein Hersteller, der passende Eisenbahn-Modelle fertigt.
Das Ziel
Ich hoffe, dass es Gleichgesinnte gibt, die sich mit dem Thema befassen. Es war immerhin das größte Schmalspurnetz Europas. Obwohl einst von einer Besatzungsmacht gebaut, wurde diese Bahn dennoch von den meisten Einwohnern liebgewonnen und als fester Bestandteil ihres Lebens gesehen. Die Bahn ist Geschichte, diese Modelle sollen die Menschen an diese Geschichte erinnern. Wenn das Projekt abgeschlossen sein wird und vorzeigbar ist, wenn nichts unvorhergesehenes dazwischen kommt und ich mich mit dem Thema nicht mehr beschäftigen kann oder will, werde ich die Anlage bei Interesse entweder an ein Museum oder einen Club in Kroatien, Bosnien oder Serbien kostenfrei abgeben.
Der erste Bauabschnitt "Die Neretvaschlucht"
Ausgangsbasis ist dieses Bild
http://www.penmorfa.com/JZ/dubrovnik15.jpg. Es sind weder Kunstbauten noch Gebäude vorhanden, es ist "nur" die Landschaft zu gestalten. Auffallend ist die Steilheit der Felsen, der klare Verlauf der Gesteinsschichten, die ungewöhnlich blaue Farbe der Neretva. Diese Elemente sollen sich im Diorama wiederfinden.
Es wird ein Holzrahmen der Größe 100 * 32 cm teilweise nach Fremo-Norm erstellt. Die Modulübergangsseiten bestehen aus 2cm dicken Holz, alle andere Seiten aus 1 cm dicken Sperrholz. 5mm dünnes Holz wird für die Ausformung des Berges genutzt, auf diese werden dünne Leisten geleimt, die das Gittergewebe tragen sollen. Die Bahnstrecke in diesem Abschnitt ist völlig gerade und wird auf ca. 1cm Schotterbett aus Kork verlaufen. "Im Berg" ist eine Schattenstrecke vorhanden, um später den Zug unsichtbar zum Ausgangspunkt zurückkehren zu lassen.
Das Gittergewebe wird zwischen die Spanten geklebt. Schmale Streifen von Papier-Küchentücher sorgen dafür, dass der Holzleim nicht wegfließt.
Auf das Gewebe werden mit gewöhnlichem Tapetenleim Papier-Küchentücher aufgebracht. Danach werden schmale Hilfsleisten angebracht, um den Verlauf der Gesteinsschichten zu unterstützen. Der Winkel von ca. 15 Grad wurde aus dem vorhandenen Photo geschätzt ...
Das "Gestein" erstellt man wie folgt:
Zunächst gießt man Gipsplatten verschiedener Stärken, z.B. 1-3 cm. Diese werden nach dem Trocknen zerschlagen. Damit die Platte dabei nicht völlig zersplittert, sollte man mit Hölzern und Schraubzwinge den unzerschlagenen Bereich schützen, während man das abzuschlagende Stück mit einem weiteren Holzstück sichert. Der Bruch wird dann relativ gerade.
Die einzelnen Stücke werden dann auf dem Gelände mit Gips befestigt.
Langsam trocknender Modellgips ist von Vorteil, da die Arbeit sehr lange dauert.
Nachdem die langwierige Gips-Arbeit zu Ende ist, wird die entstehende Landschaft mittels Airbrush-Anlage eingefärbt. Wichtig ist dabei das Ausfüllen der Löcher zur Rückwand, wo kein Gips hingekommen ist sowie das Betonen der Schichten. Das helle Weiss sollte nicht verloren gehen. Das Einfärben wird in mehreren Arbeitsschritten durchgeführt. Zusätzlich wird auf einige Flächen weiße Wandfarbe mit dem Pinsel aufgetragen, welche danach mit einer feinen Drahtbürste aufgerauht wird.
Der Kork-Bahnkörper wird gelblich angemalt, das Gleis danach aufgeklebt.
An den Dioramenkanten wird das Gleis auf zwei kleine angeschraubte Leiterbahnplatten gelötet, um bei einer Kollision mit dem Nachbarsegment nicht abzureißen. Der Fluß besteht aus Kunstwasser der Firma Faller, welches mit verschiedenen Pigmentfarben den typischen Blauton der Neretva bekommt. An das Ufer kommen kleine Steinchen wie man sie in Deutschland als Streugut für den Winter einsetzt.
Die Bemalung ist nahezu fertig. Auch die ersten Spalten zwischen den Gesteinsschichten sind begrünt. Ich verwende dazu Materialen der Firmen Heki und Noch (Woodland Scenics).
Als Schotter nutze ich die Produkte von Asoa. Der Schotter ist maßstäblich und auch als Kalkstein erhältlich. Mittels speziellem Kleber und einem Fliessverbesserer wird in mehreren Schritten die Einschotterung vorgenommen. Kalksteinpuder wird für den Sand der nicht felsigen Flächen verwendet.
Die Gleise werden nach Anschluss der Versorgungskabel rost-braun angemalt.
Neben den Pflanzen, die zwischen den Schichten wachsen, werden nun noch kleine und größere Büsche benötigt. Ich verwende die Produkte der Firma Silhouette. Mittels Birkenlaub, welches eine sehr helle Farbe hat, werden Bodendecker nachgestaltet.
Ein einzelner Busch am Fluss-Ufer. Der Eindruck ist überraschend natürlich.
Das letzte Detail, welches noch fehlt, sind die Telegraphenmasten. Relativ teuer aber dafür mit einzelnen weißen Isolatoren gibt es diese vom Hersteller Brawa.
Das Diorame erhält einen grünen Anstrich, damit der visuelle Eindruck nicht gestört wird. Die Rückseite des Gitters wird schwarz angemalt, um ein Durchscheinen von Licht durch die Spalten der Landschaft zu vermeiden.
Am Schluss wird die Verkabelung nach Fremo-Norm angebracht und es werden, ebenfalls nach dieser Norm, die Verbindungslöcher zum Nachbarsegment gebohrt (naja der Geländeübergang ist nicht nach Norm, ist mir klar ...)
Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass es eines Tages eine jugoslavische Schwester für die österreichische Mh.6 gibt, die hier nun stellvertretend den Dienst tut ...
Diorama II
Der zweite Bauabschnitt stellt den Tunnel von Glogosnica dar.
Das 2. Diorama schließt an das 1. Diorama auf der linken Seite an und bildet mit seinem Tunnel den Übergang zu flacherem Gelände.
Folgende Elemente sollen das Diorama prägen:
1. Der Tunnel, welcher einseitig einfach in den Fels gehauen wurde. Auf der anderen Seite wird ein Tunnelportal nach einem existierenden Vorbild nachgebildet.
2. Felsen die einen Überhang über der Bahnstrecke bilden und nicht gesichert sind (so etwas wirkt für verwöhnte Mitteleuropäer wie mich besonders abenteuerlich)
3. Eine kleine Brückenkonstruktion, welche den Abfluss von Wasser erlaubt.
Die Holzkonstruktion ist fertig. Auch die Tunnelröhre und die ersten Felssegmente wurden angefertigt. Hierzu verwendete ich Giessformen, welche ich aus Pappe selbst baute. Das innere des Tunnels waren 3 ineinandergesteckte mit Alufolie umwickelte Pappröllchen (handelsübliches Klopapier Pappröllchen). Das Aluminiumpapier erzeugt durch Faltung die sehr authentische Felsenstruktur.
Als nächstes werden die Gleise verlegt, erst danach wird wegen des Tunnels das Gebirge geformt.
Für die Rückseite habe ich mir ein Tunnelportal ausgesucht, welches ich im kroatischen Forum
http://img219.imageshack.us/img219/3024/tunel3xt.jpg gefunden habe. Da mir kein käufliches Portal zusagte, habe ich das Portal aus einzelnen ausgeschnittenen Steinen einer Mauerwerkplatte erstellt.
Auch für die Brücke habe ich leider nur wenig Informationen wie diese aussah. Aus diesem Grund habe ich mir folgendes Vorbild ausgesucht
http://img189.imageshack.us/img189/8885/dsc06143.jpg. Die Struktur habe ich aus Kunststoffprofilen konstruiert.
Die Felsen werden diesmal wesentlich dunkler als beim ersten Diorama. Sie wurden wieder mit einer Airbrush-System bearbeitet. Künstliches gefärbtes Wasser wird für die Neretva verwendet.
Abschnittsweise wird der Boden mit einer speziellen Grasfolie (Firma Silhouette, Karstboden) belegt.
Im Gegensatz zum ersten Diorama befinden sich dieses Mal auch Nadelbäume auf dem Diorama. Die Nadelbäume entstanden bei der Firma Garta
http://www.gatra-modellbau.de , die Laubbäume sind Büsche der Firma Silhouette. Da der Felsen nicht maßstäblich ist, müssen bewußt kleinere Bäume bzw. Büsche verwendet werden, um den Gesamteindruck nicht zu stören.
Wer sich für den Selbstbau von hochwertigen Bäumen entscheidet, sollte mal hier schauen ...
http://www.stummiforum.de/viewtopic.php?f=51&t=18449
Die Dioramen werden nun zusammengestellt und verschraubt. Damit der unvermeidlich Spalt nicht zu sehr auffällt werden am Ende einige Büsche platziert.
Ausblick & Fazit:
Das nächste Modul soll eine Bahnhofseinfahrt darstellen. Dann werden wahrscheinlich 1 Bahnübergang, einige Autos und mindestens 2 Häuser aus der Gegend nachgebildet werden. Die Dioramen werden schrittweise anspruchsvoller ... ach ja und Gerhard stellt hoffentlich mal seine wunderbaren Loks bei mir drauf ...
Für Tipps bin ich natürlich dankbar, seht mir aber bitte nach, dass ich vermutlich besser Landschaften als Eisenbahnen nachbauen kann. Aber es besteht Hoffnung dass es bei den Bahntechnischen Dingen am Ende auch was wird ...